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Official Info 2012/2013 (German)

Nun gibt es sie bald 20 Jahre, die deutsche Noiserock-Institution, die einst zu den Gründervätern der ‚bluNoise’-Mafia gehörte, über acht Alben einen weiten Weg hinter sich brachte, auf jenem Gäste wie Billy Gould von Faith No More und Produzenten wie Dave Sardy begrüßte – und pünktlich zum Geburtstag mit einem Album überwältigt, das sich laut Frontmann Aren Emirze anfühlt wie ein Debüt. Schuld daran ist der erste Besetzungswechsel in der Bandgeschichte und ein neuer Mann an der Schießbude: Flo Weber von den Sportfreunden Stiller.

Grandiose Musik kann schnell gehen. Wenn drei intuitive, langjährig erprobte Musiker aufeinander treffen, wenn man weiß, wie man Songs schreibt und sie bestechend druckvoll aufnimmt, dann genügen einige Tage, um ein Werk zu erzeugen, das selbst Fans – und am Ende sogar die Band selber – überrascht. File under: Harmfuls neuntem Album „Sick and Tired of Being Sick and Tired“. Sie haben die gesamte Platte in drei Proben geschrieben und in drei weiteren Proben einstudiert. Sie haben das Album in sechs Tagen aufgenommen und in sechs weiteren Tagen gemischt. „Wir wollten nicht zu viel nachdenken, das Ganze einfach nicht zu wichtig nehmen, so wichtig es uns auch ist“, erklärt Aren. „Viele Bands, die so lange existieren, brauchen immer länger, um eine Platte fertig zu stellen. Damit wird jedes neue Album immer mehr zum Kraftakt, zu einem Zermartern, damit man wieder auf Tour gehen kann. Für mich macht es aber keinen Sinn, mit einer Platte zu touren, die mich langweilt. Deswegen war es uns wichtig, der Urenergie freien Lauf zu lassen, und das geht nur, wenn man auf seine Instinkte hört, den Emotionen freien Lauf lässt. “

Dieses Album lebt, atmet, drückt und fordert. Es ist beseelt von einer neuen positiven Aggressivität. Harmful besaßen diese Qualität zwar immer, aber mit Album Nummer neun hat sich die Band neues Eigenblut eingespritzt, ihr Wesen in wenigen Tagen auf den Punkt gebracht. Es gibt zwar Raum für Experimente und Abgefahrenes, doch zuvorderst steht das Bedürfnis, rohe Energie in Songs zu gießen. Verantwortlich dafür ist einer, von dem man weiß, dass er mit seinen Schlagzeugsticks prügeln kann wie ein Irrer – auch wenn er es noch nie mit einer solchen Lust am Druck tat wie hier: Flo Weber bringt eine ganz neue Kraft in die Band. „Auf eine Weise ist das Album deshalb wie eine Debütplatte“, findet auch Aren.

Doch wie konserviert man seine Wut über so eine lange Zeit? Wie bleibt man frisch, ausdrucksstark, dermaßen unausweichlich? „Dadurch, dass ich bei Emirsian meine akustische Seite und meine armenischen Wurzeln mit diesem Singer-Songwriter-Ding ausleben kann, ist Harmful wie ein Gegengewicht dazu geworden. Meistens sitze ich zu Hause mit der Akustik-Gitarre und versuche, mich in dieser Richtung weiter zu entwickeln, und Harmful ist der Ausbruch aus dieser Entwicklung. Ich habe große Freude daran, hier in das ganz andere Extrem zu gehen. Wenn ich Emirsian nicht als zweites Spielfeld dazu bekommen hätte, wäre es sehr schwer geworden, die Intensität und Motivation von Harmful zu erhalten. Doch so verliebe ich mich immer wieder neu in diese Band, und ich bin dankbar dafür, dass es sie noch immer gibt. Denn Harmful ist stärker als die einzelnen Komponenten.“

Diese einzelnen Komponenten waren für fast zwei Jahrzehnte eine unveränderliche Einheit. Aren, Bassist Chris Aidonopoulos und Drummer Nico Heimann gründeten Harmful 1992 – und blieben bis vor einem Jahr zusammen. Dann gestand Nico, dass er der Band nicht mehr hundert Prozent geben kann. „Aber wer uns kennt, der weiß, dass Harmful nur funktioniert, wenn alle alles geben, denn pure Energie ist das A und O in dieser Band“, erzählt Aren. „Das sah Nico genauso, also haben wir uns in gegenseitigem Einvernehmen getrennt.“ So stand plötzlich die Idee im Raum, es mit Flo Weber zu versuchen.

Und das kam so: Als Harmful 2010 in München spielten, stand der Promi-Schlagzeuger plötzlich im Publikum und später mit Chris am Merchandise-Stand. „Ich kam dazu, und aus heiterem Himmel entstand ein Dreiecksgefühl, eine totale Energie, das war Wahnsinn. Ich dachte mir nur: ‚Der Typ passt, mit dem willst du mal eine Harmful-Platte machen’. Damals war noch gar nicht abzusehen, was mit Nico passieren wird, aber ich muss zugeben, dass ich schon damals ein bisschen geflirtet habe“, lacht er. Zwei Jahre später war es dann so weit, Nico verließ die Band, man besorgte sich Flos Telefonnummer. „Zu meiner Freude fühlte er sich sehr geehrt, denn auch wenn wir den kommerziellen Durchbruch nie in letzter Konsequenz hatten, sind wir für ihn eine Band mit einer guten Reputation und einem Standing in der Szene.“ Nach einer Nacht des Drüberschlafens rief er zurück und war dabei. „Eine echte Erleichterung“, so Aren, „denn für mich kam nur er in Frage. Sein Dabeisein hat einen enormen Impuls gesetzt, und ich bin dankbar, dass er die Platte mit uns gemacht hat und auch für die Tour im nächsten Jahr bereit steht. Ohne ihn hätte es diese Platte nicht gegeben.“

Trotzdem bleibt ein Mysterium: die Songs. Präzise und unausweichlich in der Komposition, kraftvoll und durchdacht in der Struktur, mitreißend in der Melodie, intensiv in der Ausgestaltung. Wie bekommt man so etwas innerhalb weniger Proben zustande? „Es ist einfach Übung, schnell zu arbeiten, schnell gute Songs auf den Punkt zu bringen und ebenso schnell die passenden guten Melodien zu finden. Irgendwann hast du einfach den Dreh raus. Früher ging es bei Harmful ja vor allem um Noise, darum, so krass zu sein wie möglich. Durch Emirsian und das Schreiben mit der Akustikgitarre habe ich entdeckt, dass auch Harmful ein paar Melodien gut stehen.“ Den finalen Schliff verlieh ihnen sodann Moses Schneider, ein Magier des Mischpults, der dafür bekannt ist, aus jeder Band das Optimum heraus zu schälen. „Er gibt einem einfach das Selbstvertrauen, dass du geil bist und dass es genau darum geht. Es geht nicht um Perfektion, sondern um Identität. Moses ist einfach da, motiviert dich und holt das Beste aus dir raus. Er hat eine Vision, wie eine Band zu klingen hat.“ Das spürt man, in jeder Note.

Diese Lust auf Energie, auf Unabdinglichkeit und pure Kraft steckt auch im Albumtitel. Aren: „Ich habe sehr viel Energie, und doch wundere ich mich immer wieder, wo diese Energie herkommt. Irgendwann kamen wir drauf, dass wir einfach die Nase davon voll haben, die Nase voll zu haben. Wir haben keinen Bock mehr auf die ewigen ‚Warums?’ und ‚Weshalbs?’, das macht einen ja nur kaputt, ständig über solche Dinge nachzudenken. Dieser Kraftakt macht einen nur stärker. Ich fühle mich bei dem Titel in die guten Phasen der 90er versetzt, als vieles noch mehr brannte. Heute sind alle so larifari, alles ist schön und hübsch und nett. Aber kaum jemand hat noch die Eier, an die Grenzen zu gehen, es gibt viel zu wenige mutige Platten. Insofern verstehe ich den Albumtitel als Aufbruch, denn es geht immer weiter, wir wollen es immer noch wissen – und der Kraftakt, so glaube ich, wird sich lohnen.“

Diese Ansicht bricht sich auch in den Lyrics des Albums. Vieles davon hat einen gesellschaftlichen Hintergrund, ist ähnlich zu verstehen wie der Titel: Geh raus, sei mutig, lebe dein Ding. Nicht einlullen lassen, nicht ewig mit dem Computer auf der Couch liegen, sondern aufbrechen zur Bewegung, den Mut und die Wut rauslassen. „Mir wäre es lieb, wenn die Platte ein paar Menschen dazu motiviert, wieder in den Proberaum zu gehen, um abzugehen, anstatt immer nur gefällig zu sein“, hofft Aren.

So stehen Harmful nach 20 gemeinsamen Jahren in der besten möglichen Weise da: nicht am Ende eines langen Weges, sondern am Beginn einer neuen Spielzeit – Ende offen. Mit diesem Album wird wieder einmal deutlich, welche Größe und begeisternde Brachialität in ihnen steckt, wie groß die Lust auf künstlerisch wertvollen Krach ist, wie weit man gehen kann als Band, die zu einer höchst vitalen, lebendigen deutschen Institution geworden ist. „Ich finde, wir haben als Band in den 20 Jahren sehr viel erreicht, weitaus mehr als viele andere Bands, selbst wenn sie kommerziell erfolgreicher waren“, resümiert Aren. „Wir sind uns über zwei Jahrzehnte stets treu geblieben, haben uns nie dem Kommerz verschrieben, und es wurde uns auch nicht einfach gemacht. Für mich ist dieser Weg fast wie eine Märchengeschichte, wo aus einer kleinen Band etwas wurde, das Gehalt und Relevanz besitzt, wo Menschen wie Billy Gould plötzlich an der Gitarre stehen oder Legenden wie Dave Sardy Alben produzieren. Ich wundere mich manchmal objektiv gesehen selber über diese Harmful-Geschichte – und freue mich dann immer, ein Teil davon zu sein. Bis heute. Und darüber hinaus.“

Info written by Sascha Krüger.

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